Kandel – SüdpfalzDOCs-Praxistour 2025
Gastroenterologinnen Anne Katrin Meyer und Sarah Schlachter
Shoot 8: Kandel, 20.11.2025
Mit Herz, Humor und Endoskop: Zwei Gastroenterologinnen für die Südpfalz
Kandel, 9.30 Uhr: Als ich in dem beschaulichen Städtchen im Herzen der Südpfalz aus der S-Bahn steige, friert es bereits. Umso wohler ist mir beim Betreten der gastroenterologischen Praxis von Dr. Anne-Katrin Maier und Dr. Sarah Schlachter, wo ich direkt mit Kaffee und einem lockeren Gespräch empfangen werde. Beide Ärztinnen haben gerade eine Woche ohne regulären Praxisbetrieb. Bis auf ein paar chronische Patient*innen, für die sie sogar am Sonntag die Praxis öffnen, wenn eine Infusion notwendig ist, ist es heute angenehm ruhig. Die Stimmung ist also richtig gut, und beide Gastroenterologinnen freuen sich, den Videodreh zur Praxistour heute entspannt und ohne Zeitdruck einplanen zu können.
Bei Kaffee und einem kurzen Rundgang durch die Praxis erzählen die beiden Ärztinnen: „Man lebt schon für seinen Beruf. Manchmal ist es gar nicht so leicht, sich abzugrenzen und zum Beispiel einen klaren Cut nach dem Feierabend zu machen.“ Jeder Patient, der heute Morgen während Evas’ und meiner Anwesenheit die Praxis betritt, spiegelt jedenfalls die gut gelaunte, herzliche Atmosphäre der beiden jungen Ärztinnen wider.
Dann wird es ernst. Eva baut in Sprechzimmer 1 die Technik auf. Sarah schaut erstaunt auf die Kamera und fragt: „Was ist denn dieser Puschel da vorne?“ Eva lacht und erklärt ihre „Dead Cat“, einen Fell-Windschutz für Mikrofone – und schon ist ein bisschen Nervosität vor dem Videointerview verflogen. Wir positionieren die beiden Ärztinnen hinter dem Schreibtisch und beginnen mit dem Interview. Doch plötzlich springt Dr. Anne-Katrin Maier auf: „Moment, ich muss meinem Patienten im Nebenzimmer doch noch fix eine Nadel legen – bin gleich wieder da!“
Als alle medizinisch bzw. mit Steckmikrofonen versorgt sind, erzählen die beiden ihren Werdegang: Vor fünf Jahren entschieden sie sich, die klinische Tätigkeit in Karlsruhe zu verlassen und sich in Kandel als Gastroenterologinnen niederzulassen – gemeinsam mit Dr. Dirk Bonfils, dem Kardiologen, den wir zuletzt in Bellheim besucht haben.
Ein Blick in den Praxisalltag: Teamwork und Vertrauen
„In einer Gemeinschaftspraxis zu arbeiten, ist wie beruflich verheiratet zu sein“, sagt Sarah. „Man muss fachlich und menschlich ähnlich ticken und dieselben Dinge priorisieren.“ Der Kraftakt der Gründung war nur möglich, weil sich die beiden Ärztinnen bedingungslos vertrauen und vertreten. Nebenbei stemmen beide nämlich noch die Rolle der jungen Familienmutter – bei Betreuungsnotstand zuhause übernimmt eben eine Kollegin die Sprechstunde der anderen. Ansonsten kann es auch mal passieren, dass ein Kind mit in die Praxis kommt, wenn Kita oder Schule streiken.
Auch im Sprechstundenalltag arbeiten die beiden eng verzahnt: Eine Ärztin führt Aufklärungsgespräche und wuppt die Sprechstunde inklusive des Ultraschalls, während die andere in der Endoskopie Magen- und Darmspiegelungen vornimmt. Unterstützt werden sie von sechs geschulten Endoskopiepflegerinnen, einer spezialisierten Fachkraft für chronisch-entzündliche Darmerkrankungen und einem Anästhesisten, der einmal wöchentlich in die Praxis kommt und das sonst rein weibliche Team bei den Sedierungen unterstützt. Ihr Patient*innenklientel kommt mit Fragestellungen rund um Magen- und Darmerkrankungen, endoskopische Abklärungen sowie Leber-, Gallen- und Bauchspeicheldrüsenproblemen.
Bemerkenswert ist, welch breites medizinisches Spektrum – vor allem im Bereich der chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen – die beiden in einer Region abdecken, in der es an Fachärzt*innen mangelt. Anne-Katrin sagt, sie würden mit ihrer gastroenterologischen Praxis eine große Versorgungslücke schließen, und vor Terminanfragen, könnten sich beide ohnehin nicht retten. Profitieren würden sie als Fachärztinnen in der Selbstständigkeit vor allem von ihrer langjährigen klinischen Erfahrung, die ihnen ermöglicht, auch komplexere Fragestellungen sicher und routiniert in der Niederlassung zu behandeln.
Leben und Arbeiten in der Pfalz – und als SüdpfalzDOCs
Die Pfalz als Lebens- und Arbeitsraum schätzen Sarah und Anne-Katrin sehr. Zwar ist Anne-Katrin Badenerin und lebt weiterhin in Karlsruhe, genießt aber den Kontakt mit den Pfälzerinnen im Beruf, vor allem wegen ihres zugewandten Charakters. Sarah als gebürtige Pfälzerin ist ohnehin parteiisch für ihre schöne Region, inklusive Landschaft und Leute. Den Menschenschlag aus Kandel spiegele schon der Blick in die Teeküche, meint Anne-Katrin: Dort steht eigentlich immer eine kleine kulinarische Aufmerksamkeit von aufmerksamen Patientinnen. Und bei handwerklichen Fragen gilt: Die Kandeler Bürger*innen helfen – egal worum es geht.
Diesen menschlichen Aspekt und das gegenseitige Unterstützen schätzen die beiden auch besonders am Netzwerk der SüdpfalzDOCs. Sie sind stolz, Mitglieder eines Vereins zu sein, der mit viel Herzblut, ehrenamtlichem Engagement, Überzeugung und Mut gegen den Ärzt*innenmangel in der Region anarbeitet und die Zukunft der medizinischen Versorgung aktiv mitgestaltet. Gerade für junge Ärztinnen, die frisch aus der Klinik kommen – so wie Anne-Katrin und Sarah vor fünf Jahren – wäre eine Stellenvermittlungsbörse wie die der SüdpfalzDOCs eine riesige Hilfe gewesen. Über 30 erfolgreiche Vermittlungen im Bereich Praxisnachfolge und Teamverstärkung sprechen für sich, sagen Anne und Sarah.
Mut zur Selbstständigkeit – ein Appell und Blick in die Zukunft
Der Schritt aus der Klinik in die Selbstständigkeit war ein großer Kraftakt. Und es bleibt herausfordernd, sich insbesondere als weibliche Fachärztin in diesem Berufsfeld zu behaupten, sagen unsere Interviewpartnerinnen. Doch sie wollen junge Frauen ausdrücklich dazu ermutigen. Im aktuellen Jobsetting hätten die beiden deutlich mehr Freiheit – sowohl bei der Zeiteinteilung als auch bei privaten Verpflichtungen. Sarah fasst es so zusammen:
„Die Woche hat Montag bis Freitag. Der Rest ist flexibel. Ob EDV-Arbeiten und Arztbriefe aus dem Homeoffice erledigen zu können, weniger Bereitschaftsdienste als im Krankenhaus zu haben oder Kindergeburtstage, Sporttraining und Kinderarzttermine besser planen zu können – all das ist Gold wert in der Niederlassung.“
Unser Gespräch neigt sich dem Ende zu, und ich frage die beiden nach ihrem gemeinsamen Wunsch für die Zukunft der ärztlichen Versorgung in der Südpfalz:
Mehr junge Kolleg*innen sollten sich für die Tätigkeit als Hausärztin begeistern können. Schließlich bildet die hausärztliche Versorgung auch die Grundlage ihrer eigenen Arbeit als weiterbehandelnde Fachärztinnen. Außerdem möchten sie insbesondere junge Frauen ermutigen, sich nicht nur anstellen zu lassen, sondern auch den Schritt zum eigenen Kassensitz zu wagen. Anne-Katrin und Sarah sagen dazu: „Wir haben es selbst in der Hand.“
– Pauline Imme
(Alle Fotos: privat)
Ich bin Pauline – Ärztin in Weiterbildung, wissenschaftliche Mitarbeiterin der SüdpfalzDOCs und leidenschaftliche Pfalz-Wanderin. Dieses Jahr sind unsere Videografin Eva Korn mit ihrer Kamera, meinem blauen Fahrrad und einer großen Portion Neugier quer durch die Region unterwegs, um Arztpraxen der SüdpfalzDOCs zu besuchen. Dabei fangen wir nicht nur die Arbeitsumgebung unserer Mitglieder ein, sondern auch ihre Geschichten, Ideen und Erfahrungen als Teil unseres Netzwerks.
Ein Blick in die Endoskopie, wo Magen- und Darmspiegelungen durchgeführt werden
Geballte weibliche Energie am Morgen: die Gastroenterologinnen Anne Katrin Meyer und Sarah Schlachter im Interview mit Pauline Imme und Eva Korn